Der Landkreis Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim ist eine Untersuchungsregion in einem Vorreiterprojekt in dem erstmals das Leben anerkannter Geflüchteter in ländlichen Regionen untersucht wird. Dazu finden Interviews und Bürgerbefragungen durch Wissenschaftlerinnen der Universität Erlangen-Nürnberg statt.

 

Da die Zahl der Geflüchteten in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist, müssen sich auch immer mehr ländliche Regionen mit Flüchtlingshilfe und Integrtionsaufgaben auseinandersetzen. Herausforderungen, die bis dahin eher Großstädte und Ballungsregionen betrafen. Deshalb waren wissenschaftliche Arbeiten bislang überwiegend auf Ballungsregionen ausgerichtet. Erkenntnisse zur Integration von geflüchteten Menschen in ländlichen Regionen fehlen.

 

Dies zu ändern, ist das Ziel eines Forschungsvorhabens zum Zusammenleben mit anerkannten Geflüchteten in ländlichen Räumen an dem neben der Technischen Universität Chemnitz, die Universität Erlangen-Nürnberg, die Universität Hildesheim und das Thünen-Institut für Ländliche Räume forschen. Neben dem Landkreis Neustadt a. d. Aisch - Bad Windsheim beteiligen sich sieben weitere Landkreise in vier Bundesländern (Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen) an dem dreijährigen Projekt, das im März 2018 gestartet ist. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

 

Zentrale Fragen des Projekts sind: Welche spezifischen Herausforderungen und Chancen bietet die Zuwanderung von Geflüchteten für ländliche Entwicklung? Wie wird Zuwanderung von der Lokalbevölkerung bewertet, und wie nehmen Geflüchtete selbst ländliche Wohnstandorte wahr? Wie reagieren aber auch Lokalpolitik und -verwaltung auf Zuwanderung und welche Rolle spielt zivilgesellschaftliches Engagement?

 

Die ländlichen Regionen Deutschlands sind ganz unterschiedlich mit den neuen Herausforderungen umgegangen. „Die Reaktionen variieren erheblich und reichen von kurzfristig orientierter Nothilfe bis hin zu langfristig angelegten Integrationskonzepten“, erläutert Projektleiter Dr. Peter Mehl vom Thünen-Institut für Ländliche Räume, „einige Kommunen und Landkreise in ländlichen Regionen sehen die flüchtlingsbedingte Zuwanderung nicht nur als humanitäre Aufgabe, sondern auch als eine Chance im Kontext von Abwanderung, Alterung und Fachkräftemangel.“

 

Die Projektergebnisse richten sich nicht allein an Wissenschaftler. Vielmehr sollen aus den gewonnenen Erkenntnissen praxisnahe Empfehlungen, wie die Integration und das Zusammenleben in ländlichen Regionen gelingen kann, für die Politik und die kommunalen Verwaltungen erarbeitet werden. „Wir beobachten oft, dass jeder Landkreis für sich eigene Lösungswege entwickelt und etabliert hat“, sagt Prof. Dr. Birgit Glorius von der Technischen Universität Chemnitz und verantwortlich für die Untersuchungen in Sachsen. Diese Lösungswege abzubilden und für die Politik sowie für andere Landkreise und Kommunen aufzuzeigen, ist ein weiteres wichtiges Projektziel.

 

Neben Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen und Landkreise, Bildungseinrichtungen, ehrenamtlicher Initiativen sowie Wirtschaftsverbänden ist eine schriftliche Befragung der Lokalbevölkerung geplant. Daneben wird es auch Gespräche mit anerkannten Geflüchteten geben. Damit wollen die Forscher ein möglichst vielschichtiges Bild zum Zusammenleben und den Bedingungen einer gelingenden Integration erhalten. Ab Mitte März 2019 laden wir 500 Bürgerinnen und Bürger in fünf Kommunen des Landkreises ein an der schriftlichen Befragung teilzunehmen. Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie unter www.gefluechtete-in-laendlichen-raeumen.de.